15.01.2016

Macht ist eine Suggestion

Verhandlungsmacht

Macht ist meistens nur eine Suggestion – lassen Sie sich von der anderen Seite nicht hypnotisieren!

Macht spielt in Verhandlungen eine große Rolle. „Wer bezahlt, bestimmt die Musik“ ist eine Haltung, die man häufig antrifft. Für die stärkere Seite ist die Aussage ein wichtiger Hebel, eine starke Suggestion, die sie einsetzen kann, um die andere Seite unter Druck zu setzen. Interessanterweise wird sie nicht nur von von der stärkeren Partei, der sie nützt, aktiv eingesetzt, sondern auch von der anderen Partei, die sich davon einschüchtern lässt, oftmals unbesehen geglaubt.

„Es wird doch sowieso nur über den Preis entschieden, wer den Auftrag bekommt“ heißt es oft. Stimmt das wirklich immer?

Würden Sie bei drei Autos einer ähnlichen Kategorie in verschiedenen Autohäusern den günstigsten kaufen, wenn Ihnen ein anderer Verkäufer viel sympathischer ist? Würden Sie auch dann den günstigsten Wagen nehmen, wenn Sie während der Verhandlung Zweifel daran bekommen würden, ob er qualitativ vollkommen in Ordnung ist? Würden Sie, wenn Ihnen der Verkäufer des weniger günstigen Exemplars zusätzliche Leistungen anbietet wie zum Beispiel die Übernahme der nächsten Inspektion, oder für ein halbes Jahr alle Reparaturen, dennoch nur nach dem günstigsten Objekt schielen?

Hier habe ich nur drei Faktoren von vielen erwähnt, die dazu dienen, den Blickwinkel zu erweitern, weg vom Fokus auf den Preis: Sympathie. Qualität. Zusatzleistungen.

Ich weiß: Professionelle Verhandlungen sind komplexer als ein Gebrauchtwagenkauf. Dennoch gibt es Parallelen. Stellen Sie sich vor, Sie nützen die kurzen Überlegungen von oben in Verbindung mit den Ideen des Harvard – Modells des sachgerechten Verhandelns. Zoomen Sie sich in Gedanken in ein Vergabegespräch der öffentlichen Hand für 5 Kilometer Autobahn. Wie wir bestimmt alle wissen, ist „die öffentliche Hand“ sogar verpflichtet, das „billigste“ Angebot anzunehmen. Dennoch ist es eben nicht nur ein Amt, sondern ein Mensch, der mit Ihnen verhandelt.

Besondere Sympathie alleine wird vielleicht nicht genügen, um eine Differenz von 3% zum günstigsten Anbieter zu überbrücken. Aber Sympathie kann es ermöglichen, mit dem Einkäufer der anderen Seite ins Gespräch zu kommen darüber, was man denn noch tun könnte, um das Geschäft abzuschließen. Wenn er Sie besonders gut leiden kann, mehr als die Vertreter Ihrer Wettbewerber, wird er Ihnen vielleicht einen Tipp geben.

Wie sieht es mit der Qualität aus? Wenn wir etwas teurer sind, weil wir mit eigenen Leuten arbeiten, während der günstige Wettbewerber Subunternehmer einsetzt; wenn unser Gesprächspartner genau weiß, dass unser Produkt auf die lange Sicht besser ist – wird er in jedem einzelnen Fall diesen Aspekt ignorieren und „billigst“ kaufen?

Denken Sie an das Harvard – Konzept: Verhandeln Sie Interessen statt Positionen, bauen Sie Brücken, schaffen Sie Optionen. „Der Billigste bekommt den Zuschlag“ ist die Position der anderen Seite.

Angenommen, Sie sind dem anderen sympathisch: Dann wird es für Sie leichter, in einen offenen Dialog zu kommen, in dem Sie die Position der anderen Seite hinterfragen, um die Interessen zu erkennen. Angenommen, Ihre Qualität ist besser als die des Wettbewerbers: Das berührt mit Sicherheit einen Teil der Interessen der anderen Seite. Angenommen, Sie kommen wegen der Sympathiepunkte in ein offenes Gespräch und konnten den Vorteil der höheren Qualität mit den Interessen der anderen Seite verbinden. Dann können Sie offen fragen, welche Zusatzleistung Sie noch ins Paket legen müssten, um den Zuschlag zu bekommen.

Dann haben Sie über die Trias Sympathie – Qualität – Zusatzleistung die starre Position „nur billig zählt“ aufgeweicht und eine Chance erarbeitet, das Geschäft abzuschließen.

Natürlich klappt das nicht immer. Natürlich kann es sein, der andere starrt mit Tunnelblick nur auf die Zahlen. Wenn es nicht immer, aber manchmal klappt, und wenn Sie vielleicht selten der Günstigste sind, aber Ihre Qualität, zum Beispiel, sehr gut ist - dann wäre es schade, wenn Sie sich vom Tunnelblick der anderen Partei infizieren lassen und selbst nur auf die Zahlen starren. 

Denn dann hätten Sie die Sicht der anderen Partei als einzig denkbare Sicht „gekauft“. Und deshalb nichts verkauft.

Es gibt immer mehr als nur den Preis in einer Verhandlung. Macht ist in 95% aller Fälle eine reine Suggestion. Lassen Sie sich nicht hypnotisieren, aktivieren Sie Ihre eigene Version der Geschichte. Sie können dabei nur gewinnen. Tun Sie es nicht, haben Sie mit Sicherheit verloren. 

Es gibt viele weitere Aspekte, wie man mit einer mächtiger erscheinenden Partei verhandeln kann – die drei Punkte „Sympathie – Qualität – Zusatzleistung“ waren nur ein Beispiel. Mehr dazu finden Sie in der zweiten, erweiterten Auflage des Fachbuch-Bestsellers „Souverän verhandeln“, Hogrefe 2016, von Thomas Fritzsche.

Zum Thema „Machtspielchen“ lesen Sie meinen nächsten Blog... 

 Kundenstimmen
Thomas Fritzsche war in all meinen beruflichen Stationen eine wichtige Stütze: Sei es bei der Auswahl der Trainingsmethode, bei der Entscheidung für den geeigneten Veranstaltungsort, bei der „schonenden“ Offenlegung und Beilegung unterschwellig vorhandener Konflikte im Team, bei der Reflexion meiner eigenen Überlegungen.
Prof. Dr. Werner Pauen - ehem. Geschäftsführer Dr. Peters GmbH, CFO Dorint AG
Neben einem hohem Engagement und absoluter Fachlichkeit, ist die angenehme Zusammenarbeit und Verlässlichkeit von Thomas Fritzsche einer der Punkte, die mir die ganzen Jahre angenehm begegnet sind.
Stefan Tenk - Geschäftsführer Combi-Verbrauchermarkt
Für die Entwicklung unserer 9 festangestellten Regionalleiter und bei der Verkaufsschulung der Vertriebskanäle Promotion sowie Handelsvertreter, bei der Einführung eines neuen erklärungsbedürftigen Produktes haben wir die Dienste von Thomas Fritzsche in Anspruch genommen. Unsere hohen Erwartungen wurden übertroffen.
Robert Jan Merkel - Leiter Direktvertrieb Deutschland Yello Strom GmbH